Patchworkfamilie & Babyzuwachs
Patchworkfamilien sind schon lange keine Seltenheit mehr. Menschen, die aus der vorherigen Beziehung Kinder haben, finden eine neue Liebe – die nicht selten selbst bereits Kinder hat. Jede Patchworkfamilie ist anders, aber das Zusammenwachsen verläuft fast immer in den gleichen Stufen. Ein neues Baby mischt das Gefüge häufig noch mal auf. Warum, berichten wir hier!

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Lesedauer 6 Min.
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12.12.2024

Aus zwei macht eine – wenn zwei Familien zusammenwachsen, dann geht das mit Veränderungen und Herausforderungen einher. Die Bildung einer Patchworkfamilie bringt nicht nur zwei Liebende zusammen, sondern kreiert eine neue Familieneinheit. Bis es jedoch eine echte „Einheit“ ist, braucht es Geduld, Zeit und viel Verständnis.
Was ist eine Patchworkfamilie?
Eine Patchworkfamilie ist ein heute fest etablierter Begriff, der sich am ehesten mit Stieffamilie übersetzen lässt. Hinter der klassischen Stieffamilie verbirgt sich aber oft nur ein neuer Partner, während eine Patchworkfamilie darüber hinausgeht: Sie besteht aus von unterschiedlichen Eltern stammenden Kindern, teilweise Halbgeschwistern und deren Mütter oder Väter – in einer neuen Zusammensetzung. In vielen Familien kommen also nicht nur neue Partner in die Gleichung, sondern zusätzlich noch neue (Stief-)Geschwister.
Info: „Patch“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „Flicken“ – oder auch das Zusammenfügen von Einzelteilen zu etwas neuem Ganzen – wie ein Flickenteppich. „Patchwork“ ist das Ergebnis beziehungsweise die dafür nötige Arbeit. Dieses Bild der „Arbeit des Zusammenfügens“ ist für Patchworkfamilien wunderbar anwendbar.
Die Schritte des Zusammenwachsens
Wenn eine Patchworkfamilie entsteht, gelingt das nicht über Nacht und nicht ohne Stress, Unsicherheit und oft auch ein paar Tränen. Studien zeigen, dass Patchworkfamilien mehr oder weniger die gleichen Stufen des Zusammenwachsens durchlaufen. Wie umfangreich sie ausfallen und wie lange das Ganze dauert, ist sehr individuell.
Erstes Beschnuppern
Egal, wie lange ein Elternteil nach einer Trennung allein ist, mit dem Kennenlernen einer neuen Liebe ändert sich die Situation für die ganze Familie. Für das erste Kennenlernen und gegenseitige Beschnuppern eignet sich ein gemeinsamer Ausflug, nicht jedoch direkt ein Urlaub oder der Besuch zu Hause, raten Experten. Wichtig ist auch, die Kinder vorab auf die neuen Umstände vorzubereiten, damit sie sich nicht überrumpelt fühlen. Hohe Erwartungen sollte man dennoch nicht haben – die erste gemeinsame Zeit ist häufig von Überraschungen geprägt.
Wo stehe ich?
Solange alles neu ist und zwei Familien zwei Familien bleiben, verläuft das Zusammenspiel oft noch entspannt. Das ändert sich, wenn man zusammenrückt. Wer sitzt wo im Auto oder am Esstisch? Wer bestimmt Speiseplan oder Fernsehprogramm? Wer darf welches Spielzeug benutzen?
In dieser Phase werden alte Rollen und Rituale gebrochen. Kinder nehmen emotional nochmals Abschied von ihrer alten Familie, denn mit dem neuen Partner oder der Partnerin wird klar: Meine Eltern werden nie wieder ein Paar.
Positionsgerangel, Machtkämpfe und Konflikte sind völlig normal. Hier liegt es an den jeweiligen Eltern, klare Grenzen zu ziehen und deutlich zu machen, dass jedes Familienmitglied gleich wichtig ist und eine Stimme hat.
Sicherheit und Vertrauen
Wenn man sich gut genug kennt, klare Regeln getroffen und von allen akzeptiert sind, kehrt langsam Ruhe ein. Das kann aber dauern. Oft braucht es Monate oder gar Jahre, bis die neue Familie beginnt, sich aufeinander einzulassen und letztendlich auch, sich aufeinander zu verlassen. Wichtig ist hierbei, dass die neuen Elternteile nicht versuchen, die bisherigen „alten“ Elternteile zu ersetzen.
„Wir sind wir!“
Bis zu fünf Jahre kann es dauern, bis eine Patchworkfamilie wirklich zusammengewachsen ist. Erst dann werden Stiefeltern als neue Mutter oder Vater, Erziehungsberechtigte oder Freund auf Augenhöhe anerkannt – jeder in seiner neuen ganz individuellen Rolle.
Regeln und Erziehung
Wer hat wem etwas zu sagen und wer macht die Regeln? Eine der größten Streitpunkte in einer Patchworkfamilie ist die Erziehung.
Anfangs sollte diese nur bei den leiblichen Eltern liegen. Jeder ist sozusagen für seine eingebrachten Kinder zuständig. Entscheidet der Partner oder die Partnerin, weil es im Alltag nicht anders möglich ist, so sollten beide Elternteile an einem Strang ziehen und hinter dieser Entscheidung stehen.
Besonders schwierig ist das oft im Zusammenhang mit dem anderen Elternteil des Kindes, welcher ja ebenfalls weiterhin an der Erziehung beteiligt ist. Hier helfen nur Kommunikation und die Bereitschaft, als „neuer“ Elternteil zurückzustecken, wenn nötig.
Je jünger, desto einfacher?
Babys und Kleinkinder verarbeiten Trennungen – wenn sie bei ihrer Bezugsperson bleiben können – meist ohne Probleme. Kindergarten- und Vorschulkinder leiden dagegen oft sehr unter der Trennung. Sie glauben, dass sie schuld wären und wollen eine neue Partnerin oder einen neuen Partner gar nicht akzeptieren. Das ändert sich aber häufig nach relativ kurzer Zeit.
Am schwersten fällt die Akzeptanz für einen neuen Elternteil Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren. Sie haben lange mit ihren Eltern gelebt, oft die Trennung mitbekommen und stehen loyal zu dem nun nicht mehr an der Familie beteiligten Elternteil. Sie brauchen oft lange, um die neue Situation zu akzeptieren.
Die aus dieser Phase schon herausgewachsenen Teenager betrachten die neue Familie meist mit mehr Abstand.
Familienzuwachs in Patchworkfamilien
Besonders spannend und herausfordernd wird es dann, wenn ein neues Baby – ein gemeinsames Kind der Patchwork-Eltern – die Familie bereichert. Die älteren Geschwister fühlen sich leicht hinter das Nesthäkchen zurückgesetzt.
Bereiten Sie die älteren Geschwister so früh wie möglich auf das Baby vor und binden Sie Brüder und Schwestern in die Schwangerschaft, Namenssuche, Kinderzimmer-Einrichtung und alle anderen Schritte ein. Aber nur, wenn die auch wollen! Auch hier gibt es kein Patentrezept. Geben Sie sich und allen Beteiligten Zeit, die neue, um einen weiteren „Flicken“ erweiterte Patchworkfamilie zu akzeptieren und sich als Teil davon zu fühlen.






