Psychische & physische Helferlein im Wochenbett
Die Hebamme Anna-Katharina Kocian hat für Sie wertvolle Tipps für das Wochenbett zusammengestellt.

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Lesedauer 7 Min.
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25.6.2025

Das Wochenbett sind die ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt eines Kindes. Die Zeit ist geprägt von zahlreichen körperlichen und emotionalen Veränderungen: Die Frau und das Neugeborene erholen sich von der Geburt. Sie lernen einander kennen und beginnen, eine intensive Bindung aufzubauen. Eine Familie entsteht oder sie wächst – in jedem Fall beginnt für alle Familienmitglieder etwas Neues. Gleichzeitig geschieht auch auf körperlicher Ebene viel: Rückbildungs- und Heilungsprozesse im Körper der Frau, Anpassungsprozesse beim Neugeborenen.
Ich nenne diese Zeit gerne „Flitterwochen mit dem Baby“. Ungestört sein ist in dieser Zeit besonders wichtig. Man braucht eine gewisse Ruhe, um einander kennenzulernen.
Das frühe Wochenbett
In den ersten zehn Tagen nach der Geburt, dem frühen Wochenbett, raten wir Hebammen zu körperlicher Schonung, damit die Heilungs- und Rückbildungsprozesse gut stattfinden können und die Wöchnerin wieder zu Kräften kommt. Im weiteren Wochenbett wird die Wöchnerin immer aktiver werden und das Familienleben wird sich langsam einspielen.
Um den Prozess der Gebärmutter-Rückbildung zu unterstützen, kann die Wöchnerin zweimal täglich für 30 Minuten in die Bauchlage gehen, idealerweise mit einer kleinen Handtuchrolle unter dem Schambein. Sollte die Bauchlage anfangs unangenehm sein, die Zeit einfach langsam steigern.
Der Heilungsprozess von Geburtsverletzungen braucht seine Zeit. Mit Arnika- oder Calendula-Tinkturen für Intimspülungen kann die Heilung unterstützt werden. Dafür lauwarmes Wasser mit ein paar Tropfen der Tinktur in eine Intimdusche füllen und nach dem Toilettengang den Intimbereich spülen. Damit die Temperatur des Wassers nicht zu warm ist, empfiehlt es sich, die Temperatur an der Innenseite des Handgelenks zu prüfen. Wenn es da angenehm ist, dann ist die Temperatur auch für die Intimspülung perfekt.
Für unangenehme Schwellungen und Hämatome kann man sich mit einer „Eisbinde“ Abhilfe verschaffen. Dafür eine etwas dickere Binde mit Wasser besprühen oder beträufeln und aus Hygienegründen in einem Tiefkühlsackerl einfrieren. Die gefrorene Binde ist eine Wohltat für den nach der Geburt beanspruchten Intimbereich. Eine Eisbinde sollte höchstens 10 Minuten lang und nicht öfter als dreimal täglich angewendet werden.
Auch bei Kaiserschnittnarben kann man die Heilung unterstützen und dazubeitragen, dass das Narbengewebe weicher und geschmeidiger wird.
Ungefähr zwei Wochen nach der Geburt kann man täglich mit speziellen Narbencremes oder Ölen beispielsweise Johanniskrautöl regelmäßig massieren (Aber Vorsicht, das Öl hinterlässt Flecken auf der Kleidung!).
Zu Beginn sollte die Massage noch sehr sanft sein, am besten nach einer warmen Dusche, da die Haut so gewärmt und besser durchblutet ist. Der Druck der Massage kann dann langsam nach und nach gesteigert werden. Ein wenig kribbeln bei der Massage ist gut, es sollte jedoch nie unangenehm sein, deshalb die Massagezeit langsam steigern, bis zu maximal 5 Minuten.
Für die Massage reichlich Öl in den Händen verteilen, damit fließende Bewegungen gut möglich sind. Zu Beginn immer zuerst die umliegende Haut rund um die Narbe mit kleinen kreisenden Bewegungen der Fingerkuppen stimulieren. Anschließend mit beiden Händen mit den Fingern oder auch der flachen Hand entgegengesetzt von oben und unten zur Narbe hin streichen.
Die Narbenmassage kann auch der Partner durchführen. Wenn es für beide passt, kann man daraus auch ein schönes zweisames Abendritual machen.
Die ersten Tage nach der Geburt kann es auch sein, dass immer wieder die Tränen fließen, obwohl man glücklich ist und alle gesund sind, das ist ganz normal und kennt man unter dem Begriff Babyblues. Diese psychischen Ups & Downs sind noch kein Grund zur Sorge.
Achten Sie auf ausreichend Schlaf und nehmen Sie Unterstützung vom Partner oder anderen Personen dankend an, lassen Sie sich in den Arm nehmen und sprechen Sie über Ihre Gefühle mit Menschen, die Ihnen nahestehen.
Was soll ich im Wochenbett vermeiden?
Jede Art von Stress ist im Wochenbett ganz fehl am Platz. Am besten stellen Sie in der ersten Zeit mit dem Neugeborenen möglichst keine konkreten Erwartungen an sich selbst oder den Partner oder das Kind.
Besuch passt nicht immer, das darf auch so sein!
Besuche von Familie oder Freund:innen wirklich erst dann und nur so oft zulassen, wie die frischgebackene Mama das möchte. Besuche im Wochenbett sollten immer nur auf Einladung und nach Vorankündigung erfolgen. Damit es für die junge Familie ein stressfreier Besuch wird, bittet man die Besucher:innen etwas zu essen mitzubringen oder den Kuchen zum gemeinsamen Kaffee.
Problem Schlafmangel
Zu wenig Schlaf wirkt sich negativ auf das körperliche und psychische Wohlbefinden aus. Verständlicherweise kommen Sie mit einem Baby, das nachts mehrmals gestillt oder gefüttert wird, nicht zu dem gewohnten Schlaf und der damit verbundenen Erholung. Daher ist es manchmal nötig, dass auch Sie selbst manchmal tagsüber schlafen, wenn das Baby schläft, bzw. dass Sie einen Mittagsschlaf einplanen, während der Papa oder jemand anderer mit dem Baby einen Spaziergang macht.
Ein abgedunkelter Raum mit beruhigender leiser Musik unterstützt das Baby dabei, zur Ruhe zu kommen. Enger Körperkontakt und Bewegung helfen dem Neugeborenen ebenso beim Einschlafen. Ein Tragetuch oder eine Babytrage ist daher empfehlenswert.
Nachts ist es gut, beim Füttern, Stillen oder Wickeln so wenig Licht wie möglich zu machen, damit das Baby schnell wieder in den Schlaf findet. Ein Tipp zum Wickeln: Es muss nicht bei jeder Nachtmahlzeit gewickelt werden! Dabei wird das Baby möglicherweise ganz wach und findet nur mehr schwer in den Schlaf. Ein Windelwechsel ist nur dann notwendig, wenn in der Windel Stuhl ist oder der Pyjama nass geworden ist.
Was kann ich zur Vorbereitung auf das Wochenbett tun?
Gut vorbereiten können Sie sich auf das Wochenbett, indem Sie Kontakt zu einer Hebamme in Ihrer Nähe aufnehmen, das kostenlose Mutter-Kind-Pass-Gespräch in Anspruch nehmen und sich dabei gleich Termine für die Wochenbettbetreuung mit der Hebamme ausmachen. Die Hebamme wird Ihnen zahlreiche praktische Tipps mit auf den Weg geben und selbstverständlich alle Ihre Fragen beantworten, um eine realistische Vorstellung vom Eltern-Werden zu bekommen.
Als Paar Gespräche über die eigenen Vorstellungen und Ideen für diese besondere Zeit zu führen, ist auch eine gute Vorbereitung. Reden Sie darüber, wer Sie im Wochenbett unterstützen kann, damit die ersten Tage und Wochen auch als eine ruhige, sehr besondere Zeit empfunden und in Erinnerung behalten werden können. Organisieren Sie Hilfe von Eltern, Familienmitgliedern, Freund:innen, Familienhelfer:innen, die für Sie einkaufen, kochen oder bei der Hausarbeit und der Geschwisterbetreuung helfen.
Wenn es im Wochenbett mal nicht ganz so „strahlend und entspannt“ ist, wie man es sich vorgestellt hat, ist eine der erste Ansprechpartner:innen Ihre betreuende Hebamme. Keine falsche Scheu, sprechen Sie alles an, was Sie beschäftigt!
Hebammen haben immer ein offenes Ohr und auch wertvolle Tipps parat und wenn nötig überweisen wir auch an entsprechende Stellen weiter.
Hebamme Anna-Katharina Kocian
ist selbstständige Hebamme mit Kassenvertrag in Wels-Land.