Gelbsucht beim Neugeborenen: was tun?
Gelbsucht oder auch Neugeborenenikterus tritt bei über der Hälfte aller Babys in den ersten Lebenstagen auf. Tipps von Hebamme Sabrina Heiss.

dm drogerie markt
Lesedauer 6 Min.
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25.6.2025

Babys mit Gelbsucht verfärben sich im Gesicht und dann am Körper von oben nach unten und auch an Armen und Beinen gelblich.
Warum tritt Gelbsucht auf?
Der gelbbraune Gallenfarbstoff Bilirubin verursacht die Gelbfärbung, man spricht daher auch von Hyperbilirubinämie. Bilirubin entsteht beim Abbau von roten Blutkörperchen.
Dafür gibt es vier natürliche Hauptgründe: Erstens haben ungeborene Babys eine andere Blutzusammensetzung, da sie im Bauch der Mama den Sauerstoff aus Mamas Blut besser binden müssen um versorgt zu sein. Nach der Geburt geht das direkt über die eigene Lunge leichter.
Und weil die roten Blutkörperchen des Ungeborenen sozusagen mehr arbeiten müssen, haben sie auch eine kürzere Lebensdauer, zerfallen schneller und dabei entsteht Bilirubin - dies ist Grund Nummer Zwei.
Drittens muss nach der Geburt die kindliche Leber erstmals alles selbst verarbeiten, beispielsweise das eine oder andere Medikament, welches noch vor der Geburt in den kindlichen Kreislauf gelangt ist und nicht mehr mit Unterstützung der Plazenta abgebaut werden konnte.
Zu guter Letzt sind es manchmal auch die Ausscheidungsorgane, nämlich Niere und Darm, welche mit der neuen Arbeitslast des eigenen Stoffwechsels nicht so schnell fertig werden. Die Arbeit, in dem Fall das Bilirubin, stapelt sich sozusagen und die Haut verfärbt sich gelblich.
Kann in der Schwangerschaft schon vorgebeugt werden?
Da dieser ganze Umbau-, Abbau- und Ausscheidungsprozess erst nach der Geburt beginnt, kann in der Schwangerschaft nur wenig zur Vorbeugung getan werden. Es hilft als Vorbereitung jedoch schon, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sowie gesunde und ausgewogenen Ernährung zu achten.
Was dagegen tun?
Den Umbauprozess selbst kann man nicht wirklich beeinflussen, aber man kann die Leber und die Darmtätigkeit unterstützen, damit der Körper alles nicht mehr Benötigte ausscheiden kann und sich nicht zu viel Bilirubin anhäuft.
Wichtig hierfür ist ein gutes Stillmanagement sowie eine ausgiebige Bondingphase nach der Geburt, frühes Anlegen und wenn dies nicht sofort funktioniert, kann das Kolostrum abmassiert und dem Kind verabreicht werden. Im weiteren Verlauf hilft ganz viel Kuscheln, am besten Haut auf Haut, das unterstützt das Bonding und die Bildung der Stillhormone.
Außerdem empfiehlt es sich, mit dem Baby wenn möglich immer wieder im Freien zu sein. Das beruhigt und durch die UV-Strahlen wird das Bilirubin besser gebunden und kann dadurch besser ausgeschieden werden. Aber bitte keinesfalls das Kind direkter Sonnenbestrahlung aussetzen! Jeglicher Sonnenbrand oder gar Sonnenstich müssen unbedingt vermieden werden!
Sollte nicht gestillt werden können oder wollen, dann fördert auch ein regelmäßiges Fläschchen die Darmtätigkeit und auch dabei kann ausgiebig gekuschelt werden. Trotz dem Wunsch zum Abstillen, kann in den ersten 1 bis 3 Tagen Kolostrum gegeben werden, Unterstützung dazu bekommen Sie von Ihrer Hebamme.
Zusätzlich kann man die Leber mit einem Wickel stärken oder mit Mariendistel unterstützen. Die Wirkstoffe der Mariendistel können über die Muttermilch an das Baby weitergegeben werden und auch für die Stillende sind der Tee und die Kapseln für die eigene Leber zur Unterstützung gut. Es gibt auch verschiedene Massageöle für Babys Bäuchlein, die unter anderem Mariendistelöl enthalten, und eine Bauchmassage oder Fußmassage hat schon so manchen Stoffwechsel und die Verdauung in Schwung gebracht. Stilltee mit Fenchel, Kümmel und Anis wirkt sich nicht nur positiv auf die Milchmenge aus, die Wirkstoffe dieser Kräuter sind seit jeher in der Küche auch für ihre wohltuende Wirkung auf den Verdauuungstrakt bekannt.
Müssen sich Mama und Papa Sorgen machen?
Wie gesagt, gut die Hälfte aller Babys haben in den Tagen nach der Geburt eine Gelbsucht und diese hat ihre Gründe. Normalerweise vergeht die Gelbsucht so schnell, wie sie gekommen ist. Leider gibt es auch Kinder, die zu früh, zu stark oder zu lange gelb werden oder bei denen die Gelbsucht aus anderen Gründen als den genannten auftritt. Es kann sich zum Beispiel um eine Blutgruppen- oder Rhesusunverträglichkeit handeln. Deshalb wird im Krankenhaus regelmäßig gemessen und zu Hause im Wochenbett hat die Hebamme immer ein Auge darauf.
Wenn beim Baby Symptome wie Müdigkeit, Trinkschwäche, mangelnde Gewichtszunahme kombiniert mit Gelbsucht auftreten, dann muss unbedingt sofort Kontakt mit der Hebamme und/oder der Kinderfachärztin bzw. Ambulanz aufgenommen werden!
Wie sieht die Therapie aus?
Sollte ein Baby eine Therapie brauchen, besteht diese darin, das Baby mit UV-Licht zu bestrahlen und besonders auf eine ausreichende Trinkmenge zu schauen. Für die UV-Bestrahlung kommt das Baby auf eine sogenannte Bili-Matte und kann weiterhin bei der Mama bleiben.
Je nach Schwere der Gelbsucht oder auch Ausstattung des Krankenhauses kann die Therapie in einem Inkubator erfolgen, was leider zur Folge hat, dass das Baby nicht konstant bei der Mama sein kann. In extrem schweren Fällen muss das Baby eine Bluttransfusion erhalten, aber das ist glücklicherweise kaum jemals notwendig.
Eine selten auftretende Sonderform der Neugeborenengelbsucht ist der sogenannte Muttermilchikterus, von dem nur gestillte Kinder betroffen sind und bei dem früher das Abstillen empfohlen wurde. Heute weiß man, dass das Baby weiter gestillt werden kann, solange die Bilirubinkonzentration nicht über 15 mg/ml steigt.
Zu jedem Zeitpunkt können und sollen die frischgebackenen Eltern bei den betreuenden Ärzten, Hebammen und Pflegerinnen nachfragen, was warum wieso weshalb geschieht – wir wissen, dass alles rund ums Baby für Eltern neu ist und beantworten auch gern wiederholt gestellte Fragen.
Hebamme Sabrina Heiss
seit 2007 Hebamme. Das erste halbe Jahr als Hebamme im Rotunda Maternity Hospital in Dublin gearbeitet, danach - zurück in Tirol - in der Nachsorge und als Hausgeburtshebamme tätig. Seit 2015 auch im BKH St. Johann in Teilzeit angestellt und seit 2020 stellvertretende Leitung der ÖHG Landesgeschäftsstelle Tirol. Alleinerziehend von zwei Mädchen.
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