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Günter Bauer – ein „Europameister“ im Drogeriefachhandel

Menschen warten neugierig vor der ersten dm Filiale in Linz.

Günter Bauer (*1944 in Melk, ✝2020 in Salzburg) war als Mitbegründer und Gesellschafter von dm drogerie markt die prägendste Persönlichkeit unserer Wirtschaftsgemeinschaft in Österreich und den Tochtergesellschaften in Mittel- und Südosteuropa. Der gebürtige Niederösterreicher war bis 2008 Vorsitzender der Geschäftsführung von dm Österreich/CEE und bis Ende 2017 im Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat bei dm Deutschland, Österreich und den Verbundenen Ländern. Sein beruflicher Werdegang liest sich wie ein spannender Roman, den man nicht mehr aus den Händen legen möchte:

Als jüngster von drei Brüdern …

… wurde Günter Bauer 1944 in Melk geboren und wuchs in Krems an der Donau auf. Schon immer hegte er den Berufswunsch des „Budelhupfers“ – einem Verkäufer im Bedienungsgeschäft, weshalb er eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolvierte und die Berufsschule mit Auszeichnung abschloss. „Es hat mich irgendwie dazu hingezogen, Menschen zu beraten, ihnen etwas zu verkaufen. Auch die Höflichkeitsformeln haben mir gefallen – zum Beispiel, dass man die Kundin mit dem Titel des Ehegatten angesprochen hat.“ Nach seiner Ausbildung wurde es Bauer in der kleinen Bezirkshauptstadt Krems zu eng. Mit 18 Jahren meldete er sich zum Militär und leistete den Präsenzdienst in der Pionierkaserne Wien-Kuchelau ab. Nicht ganz zufällig wurde der rudersportbegeisterte Günter Bauer danach beim Arbeitsamt in Konstanz am deutschen Ufer des Bodensees vorstellig: Gab es doch hier einen erfolgreichen Ruderclub, der Welt- und Europameister hervorgebracht hatte und damit beste Voraussetzungen bot, um sportlich voranzukommen.

  1. Günter Bauer

    Die Freude am Umgang mit Menschen war für den jungen Günter Bauer ausschlaggebend für die Wahl der Lehre zum Einzelhandelskaufmann.

  2. Günter Bauer

    Erinnerungen an Jugendtage aus dem Familienalbum.

  3. Günter Bauer

    Götz Werner und Günter Bauer (v.l.) feierten Erfolge im Zweier-Ruderboot.

Ende der Auflistung

Eine schicksalhafte Begegnung am Bodensee 

Günter Bauer wurde an die Firma Hertie vermittelt, wo er die Karriereleiter innerhalb kürzester Zeit vom Jungverkäufer bis zum stellvertretenden Leiter einer Abteilung von über 50 Mitarbeitern erkletterte. Im Ruderverein Konstanz kam es schließlich zu einer schicksalhaften Begegnung: Günter Bauer lernte Götz Werner kennen, den späteren dm drogerie markt Gründer, der gerade das letzte Jahr seiner Drogistenlehre absolvierte: „Unser Trainer erkannte sehr schnell, dass Götz Werner und ich ein perfektes Team waren. Schon nach einem Monat im 2er begannen wir, Regatten zu fahren, und gewannen jedes Rennen!“ Doch bereits nach einem erfolgreichen Jahr war die gemeinsame Sportkarriere beendet: Götz Werner ging auf die Reformfachschule Neuwied und hängte das Profirudern an den Nagel. Günter Bauer wurde als „Substitut mit Einkaufsberechtigung“ in eine große Hertie-Filiale in Köln befördert, wo er eine Lebensmittelabteilung mit rund 115 Mitarbeitern und 2.500 m2 Verkaufsfläche führte.

„Das gemeinsame Rudertraining hat eine tiefe Wertschätzung zwischen uns zwei Menschen aufgebaut. Auch wenn sich später die Wege getrennt haben und wir über Jahre nur selten telefonischen Kontakt hatten, so war das doch eine entscheidende Basis für das, was später kommen sollte“, erzählte Günter Bauer später. Als Glücksfall in privater Hinsicht entpuppte sich auch dessen nächste berufliche Station – die Lebensmittelabteilung des Hertie-Kaufhauses in Lörrach bei Basel. Die stellvertretende Leiterin der Textilabteilung hatte es Günter Bauer angetan – mit seiner Christa war er bis zu seinem Lebensende glücklich verheiratet.

  1. Guenter Bauer

    Im Hertie-Kaufhaus in Lörrach verliebte sich Günter Bauer in seine Christa.

  2. Guenter Bauer

    Christa und Günter Bauer waren ein Leben lang glücklich verheiratet.

  3. Guenter Bauer

    Christa und Günter Bauer haben zwei Kinder und vier Enkelkinder.

Ende der Auflistung

Der Traum von Olympia

Sowohl von Köln als auch von Lörrach aus nahm der begeisterte Ruderer weiterhin an der einen oder anderen Regatta teil und feierte einige Erfolge. Es wurde ihm sogar in Aussicht gestellt, Österreich bei
den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko vertreten zu dürfen – unter der Bedingung, dass er nach Wien übersiedle. Dieser Chance („... die Krönung meiner Sportlerkarriere...“) konnte Bauer nicht widerstehen. Er verschrieb sich ganz seinem Traum von Olympia und entschied sich daher für einen weniger lukrativen Job in einem kleinen Cash & Carry Markt, jedoch mit trainingsfreundlichen Öffnungszeiten. Doch all die Mühen waren letztlich umsonst. Sein Team setzte im Training auf die falsche Strategie und verpasste die Teilnahme an den Olympischen Spielen um Haaresbreite. „Nach dieser Absage habe ich nie wieder ein Ruder-Rennboot betreten“, schmerzte das abrupte Ende der sportlichen Karriere noch lange.

Ein Anruf, der sein Leben veränderte

Nach dieser großen persönlichen Enttäuschung konzentrierte sich Günter Bauer wieder voll auf das berufliche Weiterkommen: Er übernahm das Management der Zentralverwaltung von Aldi-Tochter Hofer im 21. Wiener Gemeindebezirk und wechselte bald darauf nach Hausmannstätten bei Graz, wo Hofer seine erste Logistikzentrale aufbaute. In Graz kamen später die beiden Kinder Andrea und Harald zur Welt. 1975, gerade als die junge Familie ihr selbst gebautes Haus in der Steiermark beziehen wollte, meldete sich Götz Werner. Er hatte seine Vision in die Tat umgesetzt, Drogerieprodukte zu Diskontpreisen in Selbstbedienung anzubieten, und lud seinen einstigen Ruderpartner nach Karlsruhe ein, um sich das innovative Unternehmen anzusehen: „Götz Werner und ich fuhren durch die deutschen dm Filialen und ich sagte ihm, was ich aus der Erfahrung bei Hofer anders machen würde“, erzählte Bauer, der begeistert war vom Konzept „dm drogerie markt“. Bald darauf kam man überein, dass Günter Bauer sich einige Jahre um die Weiterentwicklung des Vertriebs in Deutschland kümmern und gleichzeitig das Geschäft in Österreich aufbauen sollte. Anfang 1976 kündigte Bauer schließlich bei Hofer. Die österreichische dm Gesellschaft wurde gegründet, die ersten Mitarbeiter für Österreich eingestellt. Im Frühjahr 1976 zog die Familie Bauer mit den beiden kleinen Kindern schließlich nach Karlsruhe, um Ende 1977 wieder nach Österreich zurückzukehren, damit sich Bauer hier ganz auf das Geschäft konzentrieren konnte. Schließlich wurde am 26.11.1976 die erste österreichische Filiale am Linzer Taubenmarkt eröffnet.

  1. Bauer und Götz

    Aus dem Ruderduo Werner-Bauer wurde später eine höchst erfolgreiche berufliche Partnerschaft.

  2. erste dm filiale in linz

    Die erste österreichische dm Filiale eröffnete Günter Bauer am 26.11.1976 am Linzer Taubenmarkt – die Filiale existiert dort noch heute.

  3. Ladenbau in der ertsen dm Filiale in Linz

    Das Diskontkonzept dominierte das Erscheinungsbild in den frühen Jahren von dm.

Ende der Auflistung

Grenzen überschreiten

Ein Schub für die Entwicklung von dm war die Übernahme der Vita-Drogeriemärkte mithilfe der Firma Spar im Jahr 1981: Mit einem Schlag kamen in Österreich 60 Standorte dazu, das dm Ladennetz verdoppelte sich auf 132 Filialen. Mitte der 80er Jahre folgten zwei grundlegende Weichenstellungen: Um sich in ganz besonderer Weise vom Mitbewerb abheben zu können, eröffneten 1987 die ersten Vorläufer der heutigen dm kosmetikstudios und der dm gesunde pause Frischetheken, 1991 folgten die dm friseurstudios. Der zweite große Entwicklungsschritt war der über die Grenzen Österreichs: „Der Fall des Eisernen Vorhangs eröffnete uns die Möglichkeit, das Konzept ‚dm‘ auch in unsere mittel- und südosteuropäischen Nachbarländer zu tragen“. Bis 1996 – und damit nur sieben Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – waren bereits Filialen in der Tschechischen Republik, Ungarn, Slowenien, der Slowakei, Kroatien und auch in Italien eröffnet. Später folgte die Expansion nach Serbien, Bosnien & Herzegowina, Rumänien, Bulgarien und Mazedonien. Heute ist dm drogerie markt mit über 1.700 Filialen in den zwölf Ländern des Teilkonzerns vertreten und für 100.000e Kundinnen und Kunden täglich nicht mehr aus ihrem Alltag wegzudenken.

  1. Guenter_Bauer

    Als einer der ersten erkannte Günter Bauer die neuen Möglichkeiten der Expansion in Mittel- und Südosteuropa, nachdem der Eiserne Vorhang gefallen war.

  2. Guenter Bauer

    Günter Bauer (rechts) im Kreis der ersten Auslandsgeschäftsführer.

  3. Guenter Bauer

    Eine Torte von den Mitarbeitern zum 60er: Herr Bauer feierte auch gerne, wenn sich ein Anlass bot.

Ende der Auflistung

Lernen aus Misserfolgen

Bei allem Erfolg ließ Günter Bauer die Misserfolge nie unter den Tisch fallen: „Wir brauchen in unserer Wirtschaftsgemeinschaft eine Kultur der ständigen Erneuerung, des Ausprobierens und auch des Scheiterns und daraus Lernens!“ So erzählte er in Interviews auch immer von den Mangolds-Vollwertrestaurants und der Kinder-Modekette flic flac, die verkauft wurden, als sich der Erfolg nicht einstellen wollte: „Wir haben erkannt, wo unsere Stärken liegen und uns auf unser Kerngeschäft konzentriert.“ Und auch der erste Versuch, in Italien Fuß zu fassen, war nicht von Erfolg gekrönt – zu hoch waren die damaligen bürokratischen Hürden bei unseren südlichen Nachbarn, zu viele neue Märkte gleichzeitig beanspruchten die Kräfte des noch jungen Unternehmens. 

Permanente Erneuerung

In den fünf Jahrzehnten seines Bestehens entwickelte sich dm drogerie markt zu einem der erfolgreichsten Handelsunternehmen in Europa. Das Angebot, die Serviceleistungen und das Erscheinungsbild gegenüber den Kunden standen im Mittelpunkt des permanenten Erneuerungsprozesses. Gleichzeitig setzten Götz Werner und Günter Bauer stets auf die Nutzung der jeweils modernsten Technologien – so war dm der erste Händler in Österreich, der flächendeckend Scannerkassen einführte, um die Mitarbeiter an der Kassa zu entlasten und Ressourcen für die Kundenberatung freizumachen. Als letztlich erfolgsentscheidend sah Bauer aber die Qualität der Zusammenarbeit im Unternehmen: „Ein Mitarbeiter arbeitet nicht nur mit, sondern er ist in erster Linie Repräsentant des Unternehmens gegenüber seinen Kunden. Unsere Kolleginnen und Kollegen in den Filialen und Studios haben die wichtigste Rolle, um vor Ort eine angenehme Atmosphäre und hohe Qualität zu schaffen!“ Und gerade das sei das Erfolgsgeheimnis von dm.

Günter Bauer im Kreise von dm Mitarbeitern.

Damals wie heute: Der Applaus war und ist Günter Bauer sicher!

Günter Bauer verstarb am 4. Oktober 2020 in Salzburg. In der Wirtschaftsgemeinschaft dm werden wir ihn stets in dankbarer Erinnerung behalten!